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Erzählung
Wenn zu einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort etwas passiert, und man das einem Menschen vermitteln möchte, muss man es ihm erzählen. Der andere Mensch weiß das dann, nicht weil er dabei war, sondern weil er eine Erzählung gehört hat. Meistens meint man mit Erzählung eine Geschichte. Da kommen verschiedene Personen vor, die etwas tun, und dadurch passiert etwas.
Schon vor tausenden Jahren haben Menschen sich gefragt, warum die Welt um sie herum so aussieht, wie sie aussieht. Weil sie es nicht wussten, erzählten sie sich Geschichten von ihren Vorfahren, aus einer Zeit, an die sich niemand erinnern konnte. Solche Geschichten haben die Welt erklärt und waren mit ihr verbunden.
Unser Gehirn ist für Erzählungen sehr empfänglich, es mag sie mehr als bloße Tatsachen. Darum besteht auch unser Alltag heute zu einem ganz großen Teil aus Erzählen. Auch die Wirtschaft hat das begriffen. In Werbespots zum Beispiel werden gern kleine Geschichten erzählt. Die kann sich der Zuschauer gut einprägen und verbindet dann etwas mit dem Produkt, das er kaufen soll.
Es gibt keine Kultur auf der Welt, wo keine Geschichten erzählt werden. Früher gab es noch viele Geschichtenerzähler, die sich Erzählungen merkten und den Menschen zur Unterhaltung anboten, zum Beispiel auf Märkten. Seit man sie jederzeit in Büchern nachlesen kann, gibt es das kaum noch. In manchen Kulturen ist Schrift aber nicht üblich. Da sind immer noch bestimmte Menschen für das Erzählen zuständig.
Sind Erzählungen immer wahr?
Erzählungen können wahr sein, müssen sie aber nicht. Wenn ein Kind seiner Mutter erzählt, was es in der Schule erlebt hat, ist das genauso eine Erzählung, wie wenn ein Schriftsteller eine Geschichte schreibt, in der sich ein Mann in einen Käfer verwandelt. Eine Erzählung, deren Handlung nicht wirklich passiert ist, kann einen anderen Zweck haben: Sie könnte eine Moral haben, aus der man lernen soll, wie bei einem Märchen.
Sie kann aber auch für etwas Wirkliches stehen: In der Geschichte mit dem Käfer geht es vermutlich um die Beziehung eines Sohnes zu seinem Vater. Geschrieben hat sie der Schriftsteller Franz Kafka. Eine solche Geschichte, die etwas Unwirkliches als Ersatz für etwas Wirkliches erzählt, nennt man Parabel.
Erzählungen, die zum Welterklären gedacht waren, nennt man Mythen. Solche Mythen kennt man zum Beispiel aus dem hohen Norden oder dem Alten Griechenland, aber auch zum Beispiel von den Aborigines. Da heißen sie „Dreamtime Stories“, also Erzählungen aus einer Zeit, die keiner erlebt, von der man nur träumen kann. Mythen wurden oft über viele Generationen weitergegeben, und sie haben sich danach verändert, was die Leute, die sie erzählen, lieber hören wollten. Manchmal entsteht dadurch etwas ganz Neues und vielleicht weiß man am Ende gar nicht mehr, wozu sie eigentlich mal gedacht waren.
In der Literatur bezeichnet der Begriff Erzählung eine bestimmte Sorte Text. Sie erzählt von einer bestimmten Handlung und ist kürzer als ein Roman. Der Inhalt ist ihr wichtiger als die Sprache, das bedeutet, es wird nicht auf Reim und Rhythmus geachtet, wie bei Gedichten. Außerdem gibt es immer einen Erzähler, von dem man als Leser die Personen und die Handlung vorgestellt kriegt. Manchmal kommentiert er sie auch. Außerdem sind literarische Erzählungen eigentlich immer fiktional. Das bedeutet, sie behaupten nicht von sich, dass sie wahr sind, darum müssen sie es auch nicht sein.