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Grundgedanken September 2014
Dieser Text ist am 28. September 2014 im ursprünglichen Klexikon-Blog erschienen.
Dies sind einige Grundgedanken zu einem Kinderlexikon, einer Art “Wikipedia für Grundschüler”. Da sich unser Klexikon-Projekt noch ganz am Anfang befindet, können es nicht mehr als vorläufige Überlegungen sein, die noch geändert oder erweitert werden können.
“In der Beschränkung zeigt sich der Meister” – möglicherweise werden zu rasch allerlei Erwartungen an das Klexikon herangetragen, die sich kaum realisiert lassen (“eierlegende Wollmilchsau”). Die hier skizzierten Einschränkungen müssen nicht für alle Ewigkeit gelten; nach der eigentlichen Startphase soll das Projekt einer sich selbst tragenden Gemeinschaft übergeben werden. Die Hauptfrage könnte vielleicht zunächst sein: Wie muss das Kinderlexikon aussehen, damit Erwachsene es gern Kindern empfehlen?
Inhalt
Das Klexikon soll enzyklopädische Texte enthalten. Mit “enzyklopädisch” ist eine informative Textsorte gemeint, die sich zum Nachschlagen eignet; damit sind Nachrichten, Gebrauchsanleitungen, Gelbe Seiten usw. ausgeschlossen.
Es mag sinnvoll sein, sich zunächst auf das Produzieren von Texten zu konzentrieren. Bilder gibt es bereits zuhauf in Wikimedia Commons, der Wikipedia-Mediensammlung. Für die Zukunft könnten eigens für das Kinderlexikon gemachte Fotos, Schaubilder usw. nützlich sein, oder sogar Videos. Dabei sollte allerdings der hohe Aufwand für die Produktion von Videos bedacht werden, gerade dann, wenn man eine ansprechende Qualität wünscht.
Die Artikel sollten nicht zu knapp, aber auch nicht zu lang werden (letzteres ist teilweise ein großes Problem der Wikipedia). Der Inhalt muss kindgerecht sein: Die Texte müssen für die Zielgruppe verständlich sein und kontroverse Themen angemessen darstellen (z.B. mit Bezug auf Politik, Gewalt und Sexualität).
Für die Verständlichkeit und Angemessenheit wird das Klexikon-Projekt noch mit vielen Lehrern, Eltern, Erziehern und natürlich auch Kindern in Kontakt treten. Anhand von Beispieltexten wollen wir herausfinden, wie Verständlichkeit tatsächlich aussieht, welche Empfehlungen man später den Autoren mitgeben müsste.
Es wäre fragwürdig, die Artikelbandbreite der Wikipedia nachzuahmen. Unzählige Artikel zu einzelnen Exoplaneten, Straßenbahnlinien oder Insekten-Unterarten würden den allermeisten Lesern wenig bringen, dafür aber der Gemeinschaft viel Aufwand (auch mit Blick auf die Wartung von Artikel) bescheren. Es kann daher hilfreich sein, genauer über wünschenswerte Artikel nachzudenken, etwa mit einer Liste von Artikeln, die das Kinderlexikon unbedingt haben sollte, um rasch einen praktischen Nutzen zu haben. Eine solche Liste mit zentralen Artikelwünschen mag für viele Mitmacher auch ein hilfreicher Startpunkt sein, der eine ungefähre Vorstellung davon gibt, wohin die Richtung zunächst gehen sollte.
Eventuell lassen sich die genuinen Wünsche vieler Kinder selbst nur bedingt berücksichtigen: Da müsste man womöglich einen Schwerpunkt auf die Popkultur legen, auf aktuelle Modeerscheinungen, Hollywood-Filme usw. Das Problem wäre, dass man erstens eine große Konkurrenz von Websites mit ähnlichem Inhalt vor sich hätte; zweitens viel Aufwand in Artikel über Filme flösse, die vielleicht nur ein paar Wochen lang Interesse auf sich ziehen; drittens man Präzedenzfälle für viele solcher Artikel hätte (Relevanzschwelle?); viertens man bei der Bebilderung Schwierigkeiten hätte, an “freies” Material zu kommen.
Der Inhalt sollte sich daher, sicherlich am Anfang, auf “klassische” Themen eines Kinderlexikons konzentrieren, allgemeinbildende Themen, die man auch im Schulunterricht erwarten kann. Beispiele sind die Fauna und Flora Mitteleuropas, zentrale historische Themen wie Römer und Ritter, oder Grundlegendes zu Staat und Gesellschaft, aber auch zur persönlichen Lebensführung.
Möglicherweise lassen sich gewisse Fehlentwicklungen, Streitigkeiten und Mehrarbeiten verhindern, indem man sich inhaltlich wie folgt an der Wikipedia orientiert: Was in der Wikipedia (im entsprechenden Wikipedia-Artikel) steht, das “gilt”. Inhaltliche Diskussionen darüber, ob also ein bestimmter Berg 3001 Meter oder 3002 Meter hoch ist, müssten in der Wikipedia stattfinden. Auf diese Weise kann man wohl auch auf ein Belegen im Kinderlexikon verzichten. Und was in der Wikipedia nicht relevant ist, ist es im Kinderlexikon schon gar nicht, obgleich die Relevanzschwelle im Kinderlexikon noch wesentlich höher liegen müsste. Ziel des Kinderlexikons soll ja keine möglichst hohe Artikelzahl sein, sondern ein Grundstock an gängigen, brauchbaren Artikeln.
Plattform
Als “Plattform” bezeichnet man die Software und Hardware, das Technische und den rechtlichen Rahmen ein Wiki. Bei einem Wiki hat man den Vorteil, dass eine größere Menge Menschen sich beteiligen kann als bei anderen kollaborativen Arbeitsplattformen. Außerdem lässt sich gut nachvollziehen, von welchem Benutzerkonto aus welche Bearbeitung geleistet wurde.
Leider hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die MediaWiki-Software und das Wiki-Markup sowohl hinter der Zeit stecken bleibt als auch stets komplizierter geworden ist. Um möglichst allen Menschen das Mitmachen zu ermöglichen, wäre es daher nicht schlecht, zumindest am Anfang, auf kompliziertes Wiki-Markup zu verzichten. Im Quelltext sollten daher Links und Bildeinbindungen ausreichen. Wenig sinnvoll hingegen wären Infoboxen, Fußnoten, Vorlagen usw., nicht nur weil sie kompliziert sind, sondern weil man allzu leicht wieder zu einer Nachahmung der Wikipedia käme.
Artikel des Kinderlexikons sollten durchaus in Kategorien stehen, damit sie leichter wiederfindbar sind. Man braucht aber kein komplexes Kategoriensystem à la Wikipedia, allein schon wegen der zu erwartenden niedrigeren Artikelanzahl. In einer Kategorie wie “Geschichte” oder “Natur” dürfen gern mehrere hundert Artikel stehen, schließlich dienen Kategorien kaum Lesern, die etwas suchen, sondern Mitmachern für die Wartung.
Es wäre wünschenswert, möglichst rasch in einem Wiki arbeiten zu können, das auch dauerhaft die Plattform sein kann. Dadurch entfiel die Aufgabe der Migration von einem Wiki zum anderen.
Gemeinschaft
Wer soll sich am Kinderlexikon beteiligen? Ein Wiki kann ein Inhaltswiki, ein Organisationswiki oder ein edukatives Wiki sein. Ein Inhaltswiki hat das Ziel, guten Inhalt zu produzieren, ein edukatives Wiki hingegen dient dazu, etwas zu lernen oder zu lehren: wie man ein Wiki verwendet, besseres Schreiben, Formen des Zusammenarbeitens.
Ein edukatives Wiki ist zum Beispiel das Grundschulwiki von ZUM: Typischerweise lassen Lehrer hier ihre Schüler etwas schreiben. Die so entstehenden Artikel sind von sehr unterschiedlicher Qualität; Ziel ist ja nicht der Inhalt, sondern das Lernen an sich. Auf diese Weise entsteht aber kein Lexikon, das praktisch nutzbar ist für Leser.
Das Klexikon soll ein Inhaltswiki sein, in dem die Qualität im Vordergrund steht. Vermutlich wird es nicht von Schülern geschrieben werden, sondern von Erwachsenen, ehrenamtlich. Es soll aber keine formellen Altersgrenzen geben: Auch einzelne Schüler dürfen mitmachen, wobei es sich erfahrungsgemäß nur um eine sehr kleine Minderheit handellt, die daran eigenes Interesse mitbringt.
Wenn eine Schulklasse tatsächlich mitmachen möchte, könnten die Schüler einen Artikel außerhalb des Wiki vorschreiben, und am Ende bearbeitet der Lehrer den Artikel und stellt ihn im Kinderlexikon online. Vielleicht wollen sich auch Eltern mit ihren Kindern zusammensetzen und etwas schreiben. Oder man denke an die Grundschullehrerin, die sich ein Kinderlexikon wünscht und am Wochenende einen Artikel beisteuert, oder an den pensionierten Erzieher, der Artikel zu seinem Lieblingsthema schreibt.
Sicher für den Anfang empfiehlt sich eine Anmeldung mit zentraler Zugangsvergabe, wie es auch ZUM macht: Wer mitmachen will, schreibt an eine Email-Adresse und erhält zeitnah seine Zugangsdaten. Unangemeldet soll man im Wiki gar nichts verändern können. Auf diese Weise kann der Beitreiber des Kinderlexikon unproduktives, gar böswilliges Verhalten leichter unterbinden.
Von größter Wichtigkeit sind passende Regeln für die Umgangsformen, damit man im Bedarfsfall darauf berufen kann. Die Regeln müssen aber eben auch durchgesetzt werden, wer sich nicht daran hält, muss nach einem Gespräch konsequent sanktioniert und notfalls gesperrt werden. Die Beteiligten am Kinderlexikon brauchen eine ruhige, konstruktive Atmosphäe und haben es nicht verdient, beschimpft oder gemobbt zu werden. Leistung darf auch kein Argument sein, dass jemand trotz wiederholten Fehlverhaltens nicht in seine Schranken gewiesen wird. Hier sollte das Kinderlexikon sich sehr deutlich von der Wikipedia unterscheiden, nach dem Motto, dass eben auch der Ton die Musik macht.
Wie viele Regeln schließlich nötig sein werden? Regeln sind ja kein Selbstzweck, und wenn es zu viele Regeln gibt, können sie die Beteiligung behindern. Letzten Endes wird die gute Atmosphäre und Produktivität davon abhängen, dass keine falschen Erwartungen geweckt werden und dass die Beteiligten nicht nur eine Rückmeldung erhalten, wenn etwas falsch, sondern auch, wenn etwas gut gelaufen ist.